Seelenreise

Wie viel Schmerz gehört zu einer Seelenliebe?

Wir können nicht über Dual- oder Zwillingsseelen reden, ohne an den Begriffen „Dark Night of the Soul“ und „Runner-Chaser-Dynamik“ vorbeizukommen. Beide Prozesse sind sehr schmerzhaft und werden von vielen als unumgänglich betrachtet. Die Frage ist: wie viel Schmerz gehört wirklich zu einer Seelenliebe?

Die Verbindung zwischen Seelenpartnern zeichnet sich unter anderem durch ein sehr tiefes Vertrauen und unglaublich intensive Gefühle aus. Sich in dem anderen sehen, einander spiegeln, dem anderen in die Seele sehen – sind nur ein paar Beschreibungen, die deutlich machen, wie nah sich Seelenpartner sind. Oft schon direkt zu Beginn der Beziehung. Wenn sich zwei Menschen so stark verbunden fühlen, ist es nicht weiter verwunderlich, dass sie auch ihren Schmerz und ihre verletzlichen Aspekte voreinander offenlegen.

Da Seelenpartner oft aus dysfunktionalen Familien oder Beziehungen kommen, kann da schon einiges an emotionalem Ballast an die Oberfläche kommen. Doch aus meiner Erfahrung gehen Seelenlieben sogar noch tiefer. Die Partner berühren sich gegenseitig an der empfindsamsten Stelle, der Seelenwunde.

Was ist die „Dark Night of the Soul“?

Die „dunkle Nacht der Seele“ ist ein persönlicher Entwicklungszustand, in dem ein Mensch einen schwierigen und bedeutenden Übergang zu einer tieferen Wahrnehmung des Lebens und seiner Rolle darin erfährt. Dieses neue Bewusstsein geht mit einer schmerzhaften Ablösung aus früheren Konzepten und Rahmenbedingungen einher. Identität, Beziehungen, Karriere, Gewohnheiten oder Glaubenssysteme, die bisher dem Leben einen Sinn gaben, werden infrage gestellt.

Eine „Existenzkrise“, die sich in Depressionen und manchmal sogar Selbstmordgedanken ausdrückt. Während der dunklen Nacht der Seele erscheint alles zwecklos. Intensive Gefühle wie Traurigkeit, Frustration, Hoffnungslosigkeit oder Sinnlosigkeit machen das Leben sehr schmerzhaft und schwer.

Besonders, wenn ein Seelenpartner den Kontakt abrupt oder sehr radikal abbricht, versinken manche als Konsequenz in diesen schweren Depressionen. Allerdings teile ich weder die Meinung, dass dieser Prozess unumgänglich ist, noch dass er mehrere Monate oder Jahre andauern muss.

Neben dem Seelenplan spielt hier die Persönlichkeit eine große Rolle. Manche Menschen leiden mehr, andere weniger an seelischen Krisen. Das heißt auf keinen Fall, dass die, die weniger leiden etwas verdrängen. Viele Seelenpartner stellen sich sehr wohl der Transformation, ihren Schatten, ihren Emotionen und dem Schmerz ihrer Seelenwunde, ohne in die dunkle Nacht der Seele abzurutschen. Übermäßiges Leiden und Schmerz sind in vielen Fällen ego-basiert. Die Betroffenen geben es nicht gerne zu und verstecken sich hinter dem Argument: „das muss so weh tun“, was aber schlichtweg falsch ist.

Seelenpartner-Beziehungen haben den Fokus auf Wachstum, Transformation, bedingungsloser Liebe und Selbstliebe. Die Auseinandersetzung mit den dunklen Seiten gehört dazu. Allerdings sollten sie akzeptiert und in Liebe integriert werden. Sich selbst oder den anderen unverhältnismäßig oder absichtlich zu verletzen, ist niemals die Absicht.

Muss die Runner-Chaser-Dynamik sein?

Es gibt Konzepte, die es als feste Phase und fast schon als obligatorisch beschreiben, dass sich Seelenpaare mindestens einmal trennen. In dieser Trennungsphase soll jeder der beiden Seelenpartner an seiner Weiterentwicklung arbeiten. Häufig wird eine Beziehung am Ende der Running-Chasing-Phase in Aussicht gestellt, als eine Art Belohnung für intensive Schattenarbeit. Leider führen auch diese Aussagen zu unnötigem Schmerz.

Manche Menschen sind so besessen von der Idee ihren Seelenpartner gefunden zu haben, dass sie die Grenzen des Anderen und die Bitte um Distanz völlig ignorieren. Immer häufiger werden vermeintliche Twinflames wegen Stalking angezeigt, was nie damit begründet werden darf, dass ein Chaser den angenommenen Runner von der Verbindung und der tiefen Seelenliebe überzeugen möchte. Nein, nein und nochmal nein. Eine wirkliche Seelenpartnerschaft basiert auf Liebe und Respekt.

Wenn ein Partner Abstand braucht, um in Ruhe seine Themen zu bearbeiten oder die intensiven Gefühle erst einmal verdauen muss, wird ein liebender Seelengefährte das akzeptieren, auch wenn die Zurückweisung weh tut.

Jede Zwillings- oder Dualseele hat in erster Linie die Aufgabe an sich selbst und an der bedingungslosen Selbstliebe zu arbeiten. Wer sich und einen anderen Menschen wirklich liebt, der wird ihn nicht stalken, nicht bedrängen, nicht erpressen, ihn nicht absichtlich verletzen. Dazu gehören übrigens auch die nicht seltenen Verhaltensweisen des Ghostings und des Blockens.

Die Gefühle sind intensiv und Ausnahmen bestätigen die Regel, doch in den allerwenigsten Fällen blocken echte Seelenpartner sich über einen längeren Zeitraum oder verschwinden nach dem ersten Treffen für immer kommentarlos von der Bildfläche. Dieser Schmerz ist weitestgehend selbstgemacht und unnötig. Eine Seelenliebe als Alibi vorzuschieben, um derart ungesundes Verhalten zu entschuldigen, ist völlig widersprüchlich zu der eigentlichen Aufgabe von Seelenpaaren.

Wie viel Schmerz gehört zu einer Seelenliebe?

Viel weniger als die meisten glauben möchten. Diese Bindung ist sehr intensiv und bringt einige Wachstumsschmerzen mit sich. Besonders, wenn die Seelenwunde berührt wird.

Aber tiefe Depressionen über einen längeren Zeitraum, die sogar zu Selbstmordgedanken führen, gehören nicht zur Norm in Seelenpartnerschaften. Auch Stalking, Ghosting und Blocking werden in vielen Fällen vorgeschoben, um ganz andere Beziehungs- oder Persönlichkeitsstörungen zu rechtfertigen.

Der Schmerz ist deutlich geringer, wenn sich beide Partner ihrer besonderen Beziehung bewusst sind und gemeinsam heilen, wachsen und leuchten. Wenn Liebe und Respekt selbst in konfliktreichen Situationen an erster Stelle stehen, überwiegen die guten Gefühle eindeutig gegenüber dem Schmerz. Selbstliebe und Selbstachtung sollten eure Indikatoren sein. Bitte vergesst nicht, dass sich Seelenpartner nicht absichtlich verletzen. Leidest du übermäßig oder fühlst dich verletzt? Dann solltest du dringend nochmal prüfen, was tatsächlich für eine Seelenliebe spricht. Nicht jede intensive Verbindung ist wirklich eine Dual- oder Zwillingsseele. Manchmal lindert es schon eine Menge Schmerz sich einzugestehen, dass man sich geirrt hat.