Seelenreise

Polyamorie und Seelenliebe

In letzter Zeit werde ich öfter gefragt, was ich von Polyamorie halte. Gleichzeitig lese und höre ich vermehrt, dass das für Menschen, die ihre Seelenliebe leben, aktuell ein ernsthaftes Beziehungskonzept ist. Zumindest als Experiment.

Was ist Polyamorie eigentlich? In einer Welt, in der so viele Spielarten der Liebe gelebt werden, ist die Abgrenzung der Begriffe manchmal gar nicht so leicht.

Polyamorie, Monogamie oder offene Beziehung – was sind die Unterschiede?

Unter Polyamorie versteht man eine gleichberechtigte Liebesbeziehung von mehr als zwei Personen. Sie unterscheidet sich damit von der Monogamie, bei der ein Paar (theoretisch) in einer exklusiven Liebesbeziehung lebt, was zumindest offiziell das Fremdgehen in jeglicher Form ausschließt. Dass das in der Realität häufig anders aussieht, steht auf einem anderen Blatt. Vor allem, wenn Menschen in einer festen Beziehung aus heiterem Himmel ihrer Dualseele oder Zwillingsseele begegnen.

In einer polyamoren Beziehung ist Offenheit das Schlüsselwort. Alle Partner und Partnerinnen wissen voneinander und sind gleichgestellt. Außerdem basiert die Beziehung auf dem Ziel, langfristig zusammenzubleiben. Das kann bedeuten, dass die beteiligten Personen alle zusammenwohnen, ist aber in jeder Beziehungskonstellation anders.

Polyamorie grenzt sich von der offenen Beziehung ab, bei der zwei Menschen in einer verbindlichen, langfristigen Liebesbeziehung oder Ehe leben, diese aber für sexuelle oder romantische Begegnungen öffnen. Gründe dafür gibt es verschiedene, entsprechend sind auch die Bedingungen für Treffen mit anderen individuell abgesprochen. Der größte Unterschied zwischen polyamorer Liebe und einer offenen Beziehung ist, dass es in der Polyamorie keine Hierarchie gibt und Liebe nicht nur einem Paar vorbehalten ist. In der offenen Beziehung sind Kontakte außerhalb der Beziehung zwar bekannt, aber meist rein körperlicher, unverbindlicher Natur.

Während Liebe in einer Ehe der Definition nach exklusiv sein sollte, ist sie das bei der Polyamorie nicht der Fall. In polyamoren Beziehungen ist es normal, mehrere Partner oder Partnerinnen gleichermaßen und gleichberechtigt zu lieben.

Die Voraussetzungen für harmonische Polyamorie

Dass sie vor allem in spirituellen Kreisen immer beliebter wird, liegt daran, dass Polyamorie in der Theorie durchaus positiv klingende Eigenschaften mitbringt. Harmonisch, liebevoll, achtsam, ruhig und vor allem bereichernd soll sie sein, solange die Grundwerte gelebt werden:

  • Eine Voraussetzung ist, dass alle Partnerinnen und Partner voneinander wissen. Eine gute Kommunikation ist wesentlich. Gefühle, Bedenken und Regeln sollen kommuniziert werden, bevor es zu Konflikten kommt. Deshalb ist Offenheit ein absolutes Muss.
  • Auch Ehrlichkeit ist wichtig, wenn diese Art der Beziehung funktionieren soll. Seitensprünge und Geheimnisse sind tabu.
  • Ein Grundgedanke ist, dass sich alle Partnerinnen und Partner wohl und zufrieden fühlen sollen, deshalb ist gegenseitiger Respekt unverzichtbar. Eine polyamore Liebe kann nur langfristig sein, wenn alle Beteiligten gut miteinander auskommen. Dazu gehört es auch, sich an die gemeinsam aufgestellten Regeln zu halten.
  • Der vielleicht wichtigste Wert ist die Gleichberechtigung. Ohne die Gleichstellung aller Partnerinnen und Partner ist die Voraussetzung für eine polyamore Beziehung nicht gegeben.
    Es geht nicht um Affären, sondern aufrichtige, langfristige Liebesbeziehungen, in denen sich alle gleichermaßen einbringen.

Das Hauptproblem – die Eifersucht

In der Seelenliebe sprechen wir oft von bedingungsloser Liebe. Und auch wenn wir gerne völlig losgelöst von Ego-Themen wären, ist Eifersucht ein Punkt, der selbst Menschen triggert, die schon sehr weit in ihrer spirituellen Entwicklung sind. Den Menschen, den man über alles liebt, mit anderen zu teilen, ist für viele ebenso verstörend wie die Tatsache, dass die geliebte andere Hälfte überhaupt Interessen außerhalb der Zweierbeziehung verfolgt.

Ich kenne inzwischen einige Frauen, die verheiratet sind, ihrer Seelenliebe schon vor Jahren begegneten und nun versuchen eine parallele, vom Ehemann geduldete, Beziehung mit ihrer Dualseele zu führen. Polyamorie aus Liebe für einen Partner oder eine Partnerin auszuprobieren, ist zwar gut gemeint, kann aber zu großen Konflikten führen. Da hilft es nur, sich den Ängsten und Gefühlen der Eifersucht zu stellen und die eigentlichen Ursachen anzugehen. Andererseits muss man sich auch bewusst machen, dass die Ehe oder langfristige Partnerschaft nun einmal zuerst bestand und es nicht unbedingt von einem Partner verlangt werden kann, dass er sich ohne Widerstand auf eine Liebe zu dritt einlässt.

Eifersucht sollte sehr ernst genommen und frühzeitig kommuniziert werden. Ohne Empathie, Rücksichtnahme, Ehrlichkeit und vor allem Vertrauen kann echte Polyamorie nicht funktionieren.

Ist Polyamorie die perfekte Lösung für Seelenliebe-Beziehungen?

Manchmal glaubt man in der perfekten Beziehung oder Ehe zu sein und plötzlich taucht ein Mensch auf und man verliebt sich Hals über Kopf. Ist diese Begegnung mit der Dualseele, Zwillingsseele oder einem Soulmate, kann der Verliebtheitsgrad alle bisher gekannten Gefühle weit übersteigen. Die entstehenden Konflikte sind massiv. Trennung, Scheidung, Affäre, offene Beziehung, platonische Liebe, Freundschaft – alle Varianten sind herausfordernd. Polyamorie stellt deshalb für immer mehr Menschen eine Alternative dar, die auf den ersten Blick vielversprechend aussieht. Der Traum, die neue Liebe zu leben ohne die bestehende aufgeben zu müssen, ist verlockend. Es gibt keine richtige Antwort auf die Frage, ob Polyamorie die perfekte Lösung ist, um eine Ehe weiterzuführen und gleichzeitig einen gelebten Raum für die Liebe mit dem Seelenpartner oder der Seelenpartnerin zu schaffen.

Am Ende müssen alle Beteiligten für die Sache offen sein und sich bereit erklären, die Grundwerte zu erfüllen. Es kann sicherlich für einige funktionieren, für andere wird es bei dem Experiment bleiben und wieder andere werden es von vornherein ausschließen. Ich verstehe den Gedanken dahinter und die Hoffnung, die Menschen damit verbinden, sehr gut. Vor allem, weil die Scheidungsrate und besonders die Seitensprungrate auch deutliche Zweifel aufwerfen, ob Menschen grundsätzlich für Monogamie geschaffen sind. Schlussendlich bleibt es – mit oder ohne Polyamorie – bei der alten Problematik, der Unfähigkeit eine Entscheidung zu treffen.

So sehr wir nur unserem Herz und Gefühlen folgen möchten, manchmal müssen wir auch auf die Ratio hören, die uns Konsequenzen aufzeigt und uns an unser Versprechen erinnert. Niemand sollte an unglücklichen Beziehungen festhalten. Aber die Entscheidung, welche Werte und welche Form der Liebe wir leben möchten, müssen wir selbst treffen. Das Ergebnis kann dann Monogamie, Alleinsein, Polyamorie oder eine offene Beziehung sein. Alles ist richtig, so lange es sich für alle Beteiligten richt anfühlt.